Die (sogenannte) Mur d’Hannibal (2650 m.)Archäologische Spuren im Val d’Entremont – Überwachung der seitlichen Passübergänge
Haben Sie schon mal von der (sogenannten) Mur d’Hannibal gehört?
Bei der (sogenannten) Mur d’Hannibal («Hannibals Mauer») handelt es sich um eine römische Befestigungsanlage am Osthang des Val d’Entremont auf einer Höhe von 2650 m. Ihre Entstehung geht wohl zurück auf den Beginn der römischen Epoche um etwa 29 v. Chr. Mehr als zweihundert Soldaten in römischen Diensten, wahrscheinlich keltische oder germanische Hilfstruppen, besetzten diese Stellung über einen längeren Zeitraum. Sie wussten die topographisch günstige Lage am Passübergang mit Aussicht über Bourg-Saint-Pierre zu nutzen.Der Name « Hannibal » (der karthagische Feldherr, der um 218 v. Chr. die Alpen überquerte) steht im Zusammenhang mit der Legende, die besagt, dass er den Grossen Sankt Bernhard überschritten habe. Heute weiss man, dass er die Alpen nicht in dieser Region überwunden hat!Faltprospekte liegen am Empfang der Hütte sowie in den Tourismusverbänden der Region aus. Sie sind als PDF in vier Sprachen (DE, FR, EN, IT) unter www.ramha.ch auch abrufbar. Auf der archäologischen Fundstelle ermöglichen QR-Codes an steinernen Säulen den Zugriff auf zusätzliche Multimedia-Inhalte. Weitere Infotafeln finden Sie auf der Alpage du Coeur, der Alpage de Boveire d’en Bas, in Liddes und Bourg-Saint-Pierre.
Zugang
Mittelschwere Wanderungen (T2/T3) Juli – September
Siehe hier (= www.saint-bernard.ch/fr/mur-dit-d-hannibal-17879/#itineraire) für die Wanderrouten.
Über die strategische Bedeutung der Kontrolle von Passübergängen
Der Col de Mille (2471 m. ü. M.) ist heutzutage einer der leichtesten Nebenpässe zwischen dem Val d’Entremont und dem Val de Bagnes. Er befindet sich nur rund fünf Kilometer Fussmarsch nördlich der (sogenannten) Mur d’Hannibal.
Eine der beliebtesten Hypothesen, um die Anwesenheit von Soldaten im Dienste Roms am Standort der (sogenannten) Mur d’Hannibal zu erklären, ist deren Teilnahme an Militäroperationen gegen die Salasser vor mehr als 2000 Jahren. Im 1. Jh. v. Chr. besiedelte dieses keltische Volk das Tal der Dora Baltea und dessen Nebentäler (heute: Autonome Region des Aosta-Tales). Die zu allen Seiten befestigte Anlage der (sogenannten) Mur d’Hannibal ermöglichte es, in Ergänzung zu den natürlichen Hindernissen, die Hauptstrasse in der Talsohle zu überwachen und den von Süden kommenden Feinden den Zugang zu den Pässen des Col de Lâne (3034 m. ü. M.) und Col de Mille zu verwehren.
Fig. 1
Gesamtaufnahme der Fundstelle der (sogenannten) «Mur d’Hannibal». Man erkennt die Überreste der Mauer (innerhalb der gelb gestrichelten Linie). Durch ihre ideale Lage bietet sie nicht nur einen direkten Blick über das gesamte obere Val d’Entremont, hier im Hintergrund mit dem Staudamm des Toules, sondern zugleich auch, dank dem Gebirgskamm, einen natürlichen Schutz vor anrückenden Truppen. Ansicht gegen Süden. © RAMHA
Fig. 2
Einer der Höhepunkte der Fundstelle: Eine nordetruskische Inschrift im sogenannten Alphabet «von Lugano», die eine keltische Sprache wiedergibt. Eingeritzt auf einen Block in einem Abri unweit der Mauer, bezieht sie sich auf Poeninos, einen Gott der Alpen. Es handelt sich hierbei um eine der ersten bekannten Spuren von Schriften für das Gebiet des Wallis! © RAMHA
Zu Beginn der Untersuchungen noch als einzigartige Fundstelle betrachtet, stellte sich später heraus, dass die (sogenannte) Mur d’Hannibal nur einen Teil eines vielleicht mindestens zwanzig Stellungen umfassenden Angriffssystem darstellte, welches die Römer zwischen dem Wallis und dem Aostatal etablierte.
Im 20. Jahrhundert: ein reusenförmiges Netz
Das Val d’Entremont bildet zusammen mit dem Pass des Grossen Sankt Bernhards die Eingangspforte in die Schweiz von Süden her. Folglich waren die Dranse-Täler während des Zweiten Weltkriegs (1939-1945) in ein reusenförmiges Taktiknetz eingebunden, wobei sich das gesamte Verteidigungssystem auf Italien hin ausrichtete.
Unter den geplanten Verteidigungslinien war die am nächsten von hier gelegene die, welche dem Lauf des Wildbachs Pont Sec in Richtung Commeire folgte. Eine weitere befand sich auf der Höhe der Schlucht von Bourg-Saint-Pierre, die mit ihrem Bach Valsoray einen natürlichen Graben ausbildet. Im 20. Jahrhundert wurden entlang des Tals verschiedene Tarneinrichtungen erbaut, darunter auch solche in alpinen Lagen. Eine Reihe von Bunkern säumte insbesondere den Grat, der sich ausgehend vom Berg Mont Rogneux (3083 m. ü. M.) bis zum Berg Six Blanc (2444 m. ü. M.) erstreckt. Diese verschiedenen Sperrstellungen im Gebirge sollten dazu dienen, sicherzustellen, dass keine Infanteriekräfte (Fusssoldaten) den Versuch unternehmen, über die Höhen in Richtung des Val de Bagnes vorzustossen.
Seit dem Wegzug des Militärs, spätestens im Laufe der 1990er Jahre, sind einige dieser Festungen der Öffentlichkeit zur Besichtigung freigegeben worden, wie z. B. die Artilleriewerke von Commeire und Champex.
Was gibt es unterwegs zur Mauer zu sehen?
Wenn Sie sich dem markierten Wanderweg folgend der (sogenannten) Mur d’Hannibal nähern, kommen Sie beim Gipfel La Vouardette (2462 m. ü. M.) vorbei. Auf diesem Felsvorsprung sind während des Zweiten Weltkriegs als Ergänzung zur Verteidigungslinie von Pont-Sec und dem Grat des Col du Mille eine Hütte sowie mehrere Bunker errichtet worden. Der Weg führt Sie dann über die Ebene des Plan Beussolet zum Berggrat der (sogenannten) Mur d’Hannibal.
Wie hat dieses Militärlager vor mehr als 2000 Jahren ausgesehen? Wie sind die Archäologen dort vorgegangen?
Sie werden es erfahren, wenn Sie Ihren Weg fortsetzen! Wir wünschen eine gute Wanderung!
Fig. 3
Ein Beispiel einer Befestigungsanlage aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts, hier vom Aussichtspunkt La Vouardette aus. Ansicht gegen Osten. © Proforteresse
Fig. 0
Spuren menschlicher Besiedlung im oberen Val d’Entremont
Zeitliche Meilensteine
EINFACHE SPRACHE
Diese Tafel zeigt eine archäologische Fundstelle. Eine archäologische Fundstelle ist ein historischer Ort mit Spuren der Vergangenheit. Diese Spuren wurden vor langer Zeit von Frauen und Männern hinterlassen. Diese archäologische Fundstelle heisst: die (sogenannte) Mur d’Hannibal .Diese Mauer diente als Befestigungsanlage in den Bergen. Sie datiert in römische Zeit. Von dieser Tafel sind es noch mindestens 2 Stunden und 20 Minuten Fussmarsch bis zu der aus Steinen errichteten Mauer. Nahe der Mauer sieht man auch die steinernen Überreste von alten Hütten. Und eine uralte Inschrift. Sie ist über 2000 Jahre alt.
Gestaltung © RAMHA, Romain Andenmatten, UNIL, Michel Aberson, ArchaeoConcept Sàrl, Leana Catalfamo
Graphisches Design © Chab Lathion
Übersetzung auf Deutsch und Lektorat: Sebastian Salzmann, Elsa Nautsch
Lektorat leichte Sprache auf Deutsch © kommt demnächst