Boveire

Die (sogenannte) Mur d’Hannibal(2650 m. ü. M.)

Archäologische Spuren im Val d’Entremont La combe de Boveire

Verbleibende Zeit bis zur AnkunftBoveire d’en Bas – (sogenannte) Mur d’Hannibalca. 1 Std. 20 Min.

An der Wegkreuzung
Fast 450 Meter unterhalb der Fundstelle der (sogenannten) Mur d’Hannibal ist es noch etwas mehr als eine Stunde Fussmarsch bis dorthin. Die beiden Alpen Boveire d’en Bas (2227 m. ü. M.) und Boveire d’en Haut (2430 m. ü. M.) säumen heute den Weg, welcher am Combe de Boveire vorbei zur Fundstelle mit der Mauer hinaufführt. Die Anlage moderner Wanderwege, deren Markierung und Unterhalt, sowie der Bau von Brücken lassen uns manchmal die Rauheit dieser alpinen Tallandschaft vergessen. Sind die Bewohner:innen der (sogenannten) Mur d’Hannibal hier hindurchgekommen?

Ein Umweg in überwachten Höhen
Der Wildbach Torrent d’Allèves und die Schlucht, die er gegraben hat, stellten auf dem Gebiet des Val d’Entremont höchstwahrscheinlich eines der grössten natürlichen Hindernisse für all jene dar, die den Bergrücken zu Fuss überschreiten wollten. Natürliche Hindernisse wie die zahlreichen Steilwände und Bäche lassen nur wenige Bergpfade offen, die als Alternative zur Flachlandroute in Frage kämen. Im Areal des Creux de Boveire ist es möglich, den Wildbach zu durchwaten, allerdings nur an gewissen Stellen (auf der Karte mit Sternen markiert).
Auf über 2200 m. ü. M. gelegen, sind diese Furtübergänge teilweise auch vom Bergkamm mit der Mauer aus sichtbar, was den strategischen Charakter der Fundstelle noch weiter unterstreicht. Wenn also von Süden her unerwünschte bewaffnete Fusstruppen (Infanterie) heranrücken sollten, wären diese für die Bewohner:innen der (sogenannten) Mur d’Hannibal nicht zu übersehen gewesen.
Damit folgte der Standort der Befestigungsanlage den taktischen Entscheidungen im Zusammenhang mit der territorialen Kontrolle, indem sie die Beobachtung der verschiedenen Routen, sowie eine direkte Überwachung der Übergänge durch den Creux de Boveire ermöglichte.

Fig. 1 – DE

Panoramablick über die Fundstelle der (sogenannten) Mur d’Hannibal auf 2650 m. ü. M. Ansicht gegen Norden. © Google Earth, RAMHA

Der Gebirgsfluss Torrent d’Allèves
Das Tal der Boveire wird hauptsächlich vom Gipfel der Pointe de Toules (2727 m. ü. M.), dem Gebirgsmassiv des Petit Combin (3669 m. ü. M.) und dem Bonhomme du Tsapi (2802 m. ü. M.) dominiert. Dieses weitläufige Gelände wird von mehreren Wildbächen durchflossen, die sich zum Gebirgsfluss Torrent d’Allèves vereinigen. Letzterer bahnt sich seinen Lauf durch eine Schlucht weiter unterhalb von Ihrem Standort, um sich ein wenig flussaufwärts von Liddes in die Dranse d’Entremont zu ergiessen. Das Wasser des Boveire-Gletschers (auf ca. 2740 m. ü. M., von hier aus nicht sichtbar) bildet hierbei dessen Hauptquelle, während einer seiner Nebenarme bei der (sogenannten) Mur d’Hannibal seinen Ursprung hat.

Ein Teil des Flusswassers des Torrent d’Allèves wird heute unterhalb der Route de Boveire aufgefangen und speist den Stausee Lac des Toules ob Bourg-Saint-Pierre. Die Überquerung des Flusses erfolgt über Brücken, von denen eine während des Herbstes abgebaut wird, um deren Zerstörung durch die Schneeschmelze im Frühling zu verhindern.

Fig. 2

Das Tal des Torrent d‘Allèves zu Herbstbeginn. Der Gipfel des Le Ritord (3557 m. ü. M.) im Hintergrund ist schon teilweise verschneit. Ansicht gegen Osten. © RAMHA

Die Kleidung der Militärs
Die Kleidung der Soldaten, die hier vor fast 2000 Jahren vorbeigekommen sind, unterscheidet sich stark von derjenigen, die man heutzutage trägt, wenn man sich im alpinen Raum aufhält. Gekleidet in eine Tunika aus Leinen oder Wolle, hat der römische Soldat des 1. Jh. v. Chr. je nach Notwendigkeit Beinkleider, sowie bei kalter Witterung Socken getragen. Tatsächlich konnte das Schuhwerk auch offen getragen werden: nämlich in Form von Sandalen, die um den Knöchel geschnürt werden.
Unter der Sohle angebrachte Schuhnägel sorgten, vergleichbar den modernen Steigeisen, für den nötigen Halt auf dem Terrain.
Die Bewaffnung war von Soldat zu Soldat sehr unterschiedlich. In der Regel bestand diese jedoch aus einem metallumrahmten Schild aus Holz, einer Eisenlanze, einem Schwert und einem Dolch, dazu einen Helm. Der Brustpanzer durfte die Bewegungsfreiheit des Soldaten nicht einschränken. Die Entdeckung von Schuppen aus Kupferlegierung auf der Fundstelle der Mur d’Hannibal lässt den Schluss zu, dass einzelne Soldaten einen aus Schuppen zusammengesetzter Brustpanzer vom Typ loricasquamata getragen haben.
Das Gepäck wurde womöglich von einem Holzgestell gehalten, das die Last gleichmässig auf den Schultern verteilte. Es ermöglichte den Transport von Decken, Lebensmitteln, sowie verschiedenen Werkzeugen, usw. Die persönlichen Gegenstände wurden auf einem absoluten Minimum gehalten, denn allein schon Gepäck und Bewaffnung brachten es auf 40 Kilogramm, die der Soldat zu tragen hatte.

Fig. 3

Beispiel einer Caliga (offene Sandale) aus Leder, wie sie von römischen Soldaten getragen wurde. Davor drei Schuhnägel. Nicht selten haben sich diese während des Marschierens gelöst. © RAMHA

Über die Schwierigkeit antike Wege zu lokalisierenDer genaue Wegverlauf, den die Truppen eingeschlagen haben, um zur Mur d’Hannibal zu gelangen, kann bisher nur anhand der Geländetopographie, den verschiedenen natürlichen Hindernissen wie Wasserläufen, oder aber im durch das Gefälle und den damit verbundenen Gefahren wie Steinschlag, vermutet werden. Im besten Fall finden die Archäologen während ihrer Geländebegehungen mit Metalldetektoren Objekte, deren Alter sich mittels Vergleichs mit anderen gut datierten Fundstücken bestimmen lässt, was jedoch eher die Ausnahme darstellt.Nach Überquerung der verschiedenen Wildbäche scheint die Senke oberhalb von Boveire d’en Haut, die indessen auch heute bevorzugt begangen wird, für die römischen Truppen der plausibelste Zugangsweg gewesen zu sein.Bitte beachten Sie: Im Kanton Wallis, wie auch in der übrigen Schweiz, stellt die Benutzung eines Metalldetektors ohne Genehmigung ein strafrechtliches Vergehen dar.
Fig. 4© Renata Martino

Nur Mut! Bald sind Sie oben!

Wenn Sie Ihren Weg in Richtung des Creux de Boveire fortsetzen, wandeln Sie auf den Spuren der damaligen Bewohner:innen der Mur d’Hannibal. Auf dem Gebirgskamm angekommen, treffen Sie auf einen Plan der Fundstelle, wo Sie dank der QR-Codes auf den Stelen die Gelegenheit haben werden, noch mehr über das einstige Leben in diesen Höhen in Erfahrung zu bringen. Diese Online-Inhalte sind auch abrufbar hier (= www.saint-bernard.ch/de/die-sogennante-mur-dhannibal-17883/#inschrift).

EINFACHE SPRACHE 
Willkommen in Boveire !Weiter unten gibt es eine Brücke, die über den Wildbach Torrent d’Allèves führt.Ein Wildbach ist ein Gebirgsfluss.Die Römer sind schon vor über 2000 Jahren hier hochgekommen.Damals aber existierte diese Brücke noch nicht und der Wildbach war schwer zu überqueren.Um hierher zu kommen, haben die Römer den Gebirgsfluss vielleicht weiter oben überquert, da er sich dort in mehrere kleinen Bäche aufteilt, die man ohne Brücke überwinden kann.Der Weg führt dann hinauf zur (sogenannten) Mur d’Hannibal.Die Römer hatten von da oben eine sehr gute Sicht über das Tal.

Gestaltung © RAMHA, Romain Andenmatten, UNIL, Michel Aberson, ArchaeoConcept Sàrl, Leana Catalfamo 
Graphisches Design © Chab Lathion 
Zeichnung © Renata Martino
Übersetzung auf Deutsch und Lektorat: Sebastian Salzmann, Elsa Nautsch 
Lektorat leichte Sprache auf Deutsch © kommt demnächst

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